1. Europäisches Adaptive Judo-Turnier “Get Together” in Venray

Der niederländische Partnerverein unserer BRSNW-Judoka, das Sportinstitut Verhagen, veranstaltete vom 24.-26. November 2023  in der Sporthalle „de Wetteling“ in Venray das Nippon Dutch-Open Shenshu Turnier für Judoka mit einer Behinderung.

Zugleich war es die erste Judo Veranstaltung nach dem neuen Adaptiv-Judokonzept der Europäischen Judo-Union (EJU). Dementsprechend war nahezu die gesamte Führungsriege der EJU, angeführt von den Vizepräsidenten Sergei Aschwanden und Otto Kneittinger, nach Venray gereist, um einen ersten Einblick in das Behinderten-Judo zu gewinnen. 

Insgesamt stellten sich 280 Judoka aus 25 Nationen, darunter auch Delegationen aus Brasilien und Japan, dieser Herausforderung. Aus Nordrhein-Westfalen nahmen  ca. 30 ID-Judoka an diesem Event teil.

Im Adaptive-Judo werden die Judoka nach Art der Behinderung aufgeteilt. Judoka mit geistiger Behinderung, Lernbehinderung, Autismus, Down-Syndrom, Körperbehinderungen und vielem mehr... werden nicht nach Art der Behinderung getrennt. Vielmehr kämpfen alle Behindertenrichtungen zusammen. Differenziert werden die Sportler nur nach ihren motorischen Fähigkeiten und fünf verschiedenen Wettkampfklassen. Ein weiteres, großes Problem besteht darin, dass es zurzeit noch keine Ausschlusskriterien gibt. 

Daher kommt der Einteilung der Athleten in die fünf Wettkampfklassen, die am ersten Wettkampftag durchgeführt wurde, beim Adaptive-Judo eine besondere Bedeutung zu. Virtus Judo-Direktorin Kerry Tansey aus Großbritannien leitete das Qualifikationstraining. Die anwesenden nationalen Trainer beobachteten und überprüften  die zugeordneten Wettkampfklassen, um in dem einen oder anderen Fall die Einstufung zu korrigieren.

Am nächsten Tag folgten die Wettkämpfe in den fünf ermittelten Wettkampfklassen. Da aus Nordrhein-Westfalen ausschließlich ID-Judoka als Athleten mit einer geistigen Behinderung an den Start gingen, starteten die meisten Judoka eine Wettkampfklasse tiefer. In der stärksten Wettkampfklasse I gingen dennoch vier Athleten aus NRW an den Start. Im Laufe der Wettkämpfe zeigte sich, dass diese Wettkampfklasse fast ausschließlich von nicht geistig behinderten Judoka dominiert wurde. Immerhin konnte sich hier Andrea Kuhne aus Hünxe in der Klasse über 78 kg mit vorzeitigen Siegen souverän durchsetzen und  den 1. Platz belegen. Die weiteren Starter der Wettkampfklasse I belegten mit Patrick Barendonk (-66 kg) aus Bocholt, Timo Karmasch (-90 kg) aus Hünxe und Marc Behrendt (+100 kg) aus Essen jeweils den dritten Platz.

Etwas erfolgreicher waren die NRW-Judoka in den leichteren Wettkampfklassen.

In der WK II siegte Bastian Wind  (-81 kg) aus Hünxe. Ben Musaeus aus Hückeswagen gewann die WK III in der Gewichtsklasse bis 73 kg.

Weitere Goldmedaillen errangen Justin Blöhm und Lennart Klaus aus Hünxe, sowie Sven Tschinkel, Noel Becker und Ayden Dixon aus Mülheim.

Zweite Plätze belegten Solomon Schramm, Tom-Lukas Kneisel, Antonio Maslic, Marina Kamphausen, Philipp Lo, Damir Ristic (Mülheim) und Daniel Mann aus Hückeswagen.

Jeweils  einen dritten Platz konnten sich Björn Kamps, Niko Klein-Allermann, Thorben von Kneten, Raphael Wander und Stefanie Drescher (Hünxe), Leo Petersberg, Sebastian Ziemski, Björn Heisig (Hückeswagen) Daniel Gietzhold (Leverkusen) sowie  Lisa Heise, Caspar Schlicht, Tim Steffens, Christine Leibnitz, Anna Kolberg und Isabel Agbaglo (Mülheim) erkämpfen.

Ein großes Kompliment an die Gastgeber vom Sportinstitut Verhagen, die es schafften, dieses Riesenturnier auf sechs Wettkampfmatten nahezu fehlerlos in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen durchzuführen.

Vor den beiden Siegerehrungen am Mittag und am Nachmittag begeisterten Darbietungen der japanischen Trommelkunst TAIKO Publikum und Teilnehmer.

Landestrainer Frank Schuhknecht konnte sich beim letzten Judo-Turnier des Jahres über schöne Erfolge seiner Schützlinge freuen, besonders auch über die sehr guten Platzierungen der jungen Nachwuchs-Judoka.

Am Abend gab es im Veranstaltungshotel Astoria in Venray einen anschließenden Festabend mit großem Buffet für die vielen internationalen Gäste.

Der dritte Wettkampftag stand ganz im Zeichen der Kata-Wettbewerbe.

25 Kata-Paare hatten sich für die verschiedenen Kata-Wettbewerbe angemeldet, die sowohl als inklusive Kata als auch als homogene Kata durchgeführt wurden.

Leider waren keine NRW-Kata-Paare dabei, da für die Wettkämpfe drei Gruppen einer Kata demonstriert werden mussten. In Deutschland wird nur eine Gruppe aufgeführt, da bei uns ausschließlich geistig behinderte Judoka als Tori teilnehmen und das exakte Bewegungslernen für diesen Personenkreis eine außerordentliche Herausforderung darstellt. So war es nicht überraschend, dass in Venray fast ausschließlich nicht geistig behinderte Judoka an den Start gingen.

Als Resümee des ersten Adaptiv-Judo-Turniers kann festgehalten werden, dass es nicht unmöglich ist, dass Judoka mit unterschiedlichen Behinderungen miteinander kämpfen, wenn die Kämpfe in verschiedene motorische Leistungsklassen unterteilt werden.

Adaptives Judo deckt ein breites Spektrum von Behinderungen ab, z.B. Zerebralparese, Epilepsie, Autismus, Down-Syndrom, kognitive Lernbehinderung, Rollstuhlabhängigkeit und vieles mehr...

Da es aber, wie sonst im Behindertensport üblich, keine Ausschlusskriterien gibt, stellt sich die Frage, wie die Entwicklung weiter geht, wenn nicht oder nur leicht behinderte Judoka hier ihre neuen Herausforderungen suchen. Die EJU will diesen Ansatz erst einmal ein Jahr mit drei bis vier Adaptiv-Veranstaltungen austragen, um danach über eine Fortführung oder Änderung der Wettkampfordnung zu entscheiden. Im nächsten Jahr plant Rudi Verhagen allerdings in Kooperation mit dem Judo-Weltverband IJF und dem Weltverband für den Sport der Geistigbehinderten VIRTUS eine zweite Weltmeisterschaft, nach Köln 2017, ausschließlich für Judoka mit einer geistigen Behinderung in Venray. Sicherlich der richtige Weg, um ID-Judo endlich zu den Paralympics zu führen.