Interview - 100 Tage im Amt

Inklusion auf Kurs: Projektkoordinatorin Carolin Birke ist seit 100 Tagen im Amt mit dem Projekt "Auf einer Wellenlänge inklusiv aktiv", das vom BRSNW und dem SV NRW ins Leben gerufen wurde und von der Aktion Mensch unterstützt wird.

Carolin, wie ist dein Fazit zu den ersten 100 Tagen ?

Aufregend – um es mit einem Wort zu sagen! Die ersten 100 Tage sind unheimlich schnell vergangen und gingen zum großen Teil in die Klärung konkreter Projektinhalte und in die Netzwerkarbeit. Es hat sich gezeigt, dass die persönliche Ansprache und der direkte Kontakt zu Schwimmvereinen den größten Erfolg hat. Natürlich braucht das auch die meiste Zeit. Ich habe also sehr viel telefoniert, gemailt und habe Vereine vor Ort besucht. Dadurch ist ein enger Austausch entstanden, der die nächsten Schritte erst möglich macht.  Ein Highlight waren die ersten digitalen Termine zum „Let‘s get togehter..“, in denen ich das Projekt erstmals vorstellen konnte. Es gab einen tollen Austausch mit rund 30 Vereinen, aber natürlich ist immer Luft nach oben, wenn man die Gesamtzahl von Schwimmvereinen in NRW betrachtet.

Das Projekt wird vom BRSNW und SV NRW durchgeführt,  wie sinnvoll ist diese Kombination von Fachverbänden ?

Die Kooperation zwischen dem BRSNW und SV NRW ist sehr wertvoll. Durch die offene Kommunikation und den Willen, gemeinsam zu arbeiten und voneinander zu lernen, ist es möglich das Projekt zu verwirklichen. Wir möchten möglichst viele Menschen und Vereine erreichen, deswegen sind die Kontakte zu den vielen Schwimmvereinen in NRW ohne Para-Bezug überaus wertvoll.

Durch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Verbänden können auch Synergien genutzt werden, um zum Beispiel die Ausbildungsmethoden zu optimieren oder auch inklusive Veranstaltungen zu organisieren. Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit dazu beitragen, Barrieren abzubauen und das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Es ist wichtig, dass die Bedürfnisse und Interessen von Menschen mit Behinderungen in den Vordergrund gestellt werden und dass diese in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.

Was hat dich bisher am meisten begeistert?

Das Engagement der Ehrenamtlichen! Unglaublich, was Menschen in ihrer Freizeit auf die Beine stellen. Ehrenamtliche bringen oft eine Vielzahl von Fähigkeiten und Erfahrungen mit. Sie tauschen sich viel aus, haben umfangreiche Netzwerke und ich muss immer wieder feststellen: Hut ab - das sind genau die Menschen, die etwas bewegen.

Welche Meilensteine kommen als nächstes?

Einerseits die Ausbildung zum Inklusionscoach! Die Ausschreibung und Anmeldung sind frisch veröffentlicht und ich bin sehr gespannt, wie die Ausbildung, die im Juni 2023 zum ersten Mal stattfindet, angenommen wird.
Durch die großartige Unterstützung der Aktion Menschen können wir diese Zertifikatsausbildung kostenfrei anbieten und hoffen so, viele Personen mit Vorerfahrung im Anfängerschwimmen für inklusive Angebote im Bewegungsraum Wasser auszubilden. Bei einer entsprechenden Nachfrage sind neue Ausbildungstermine für März und September 2024 bereits in der Planung.

Aktuell arbeiten wir auch an einem inklusiven Schwimmabzeichen, dass mehr Spielraum bei bestehenden Schwimmabzeichen bieten soll. Zusammen mit den Landestrainern Para Schwimmen vom BRSNW  und Fachkräften des SV NRW entwickeln wir ein Konzept für einen angepassten Anforderungskatalog. Anschließend soll ein Pilotphase durchgeführt werden, um die Umsetzbarkeit zu testen. So kann Inklusion von vorneherein mitgedacht werden.  

Was hast du aus dem Projekt gelernt – ganz persönlich, für Dich?

Das man in 3 Monaten unheimlich viel erreichen kann. Außerdem hat mich die Offenheit zum Thema Inklusion auf der einen Seite, aber auch die vereinzelte Abwehrhaltung auf der anderen Seite überrascht. Es ist bedauerlich, dass einige Menschen immer noch negative Vorurteile gegenüber Inklusion haben. Da ist zunächst einmal die Angst vor Kosten, erhöhtem Personal- und Zeitaufwand und eine große Unsicherheit im Umgang mit Menschen mit Behinderung. Ich denke, wir müssen noch viel Aufklärungsarbeit leisten, um Barrieren abzubauen, Vorurteile und Stereotypen zu bekämpfen und das Verständnis und die Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft zu fördern. Diejenigen, die mitmachen wollen, möchte ich unterstützen und niemanden überreden. Denn um das Thema Inklusion langfristig zu etablieren ist es erforderlich, dass die handelnden Akteure von der Notwendigkeit inklusiver Angebote zu überzeugt sind.