Seit gut 100 Tagen arbeitet Katharina Bos als Talentscout im Para Sport.
Die Neue versucht Menschen mit Behinderung für Sport zu begeistern und sichtet Nachwuchshoffnungen für NRW. 2023 will sie die Schnuppertage reformieren: Ziel ist mehr Eventcharakter.
Sportstiftung NRW, 27.10.2022 von Mara Meyer
„Ein großer Traum ist es, irgendwann mal ein von uns in NRW gesichtetes Kind bei einer großen Meisterschaft oder bei den Paralympics wiederzusehen.“
Seit gut 100 Tagen arbeitet Katharina Bos als neuer Talentscout für Para Sport in NRW. Die 33-Jährige versucht Menschen mit Behinderung für Sport zu begeistern. Die NRW-weiten Schnuppertage in verschiedenen Para Sportarten spielen dabei eine wichtige Rolle. Vorgängerin Lina Neumair hatte sie vor drei Jahren eingeführt, Katharina wird das erfolgreiche Konzept 2023 reformieren. Bislang, erklärt Katharina, ist sie oft selbst noch mit dem „Reinschnuppern“ beschäftigt, spinnt neue Fäden im Para Sport Netzwerk und schmiedet Pläne für das kommende Jahr.
Die bundesweit erste hauptamtliche Talentscout-Stelle im Para Sport wird zu 75 Prozent von der Sportstiftung NRW finanziert. Das Sportland Nordrhein-Westfalen war mit dieser Initiative Vorreiter in der paralympischen Sportförderung. Katharina Bos arbeitet unter dem Dach des Behinderten- und Rehabilitationssportverbands NRW.
Mit Behindertensportlern auf Tour gewesen
Die studierte Sportmanagerin aus Gladbeck ist selbst als Sportlerin aufgewachsen und hat als Jugendliche leistungssportlich Leichtathletik ausgeübt. Dass aus dem Hobby eine berufliche Karriere wird, war ihr schon früh bewusst. Als Kind einer sportverrückten Familie war Sport immer ein Teil ihres Lebens und schlichtweg nicht wegzudenken. Doch, dass sie eines Tages die paralympischen Nachwuchshoffnungen für NRW sichtet, hat sie während ihrer Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau und dem anschließenden Sportmanagement Studium noch nicht geahnt.
Während ihrer Ausbildung bei der Stadt Gladbeck entstand beiläufig Kontakt zum Behindertensport auf Kommunenebene. Ein Großprojekt in einer Sportagentur schrieb den Behindertensport wenig später jedoch ganz oben auf Katharinas Tagesplan. In einem Projekt eines großen Telekommunikationsunternehmen mit der Deutschen Sporthilfe und dem Deutschen Behindertensportbund tourte sie mit Blindenfußballern und Rollstuhlbasketballern durch Deutschland, um die ihre Sportarten in Schulen und Vereinen bekannter zu machen und Berührungsängste abzubauen. Während ihrer Deutschlandtour knüpft Katharina erste direkte Kontakte zu behinderten Sportlern und zu Behindertensportvereinen wie den Köln 99ers.
„Ein freier, offener Blick ist viel wichtiger als eine Spezialisierung auf eine Sportart.“
Katharina hat durch ihre frühere Trainertätigkeit erste Erfahrungen in der Talentsichtung gesammelt. Dass das in der Leichtathletik und nicht im Behindertensport war, empfindet sie jedoch nicht als Nachteil: „Ein freier, offener Blick ist bei der Sichtung von Kindern viel wichtiger als eine Spezialisierung auf eine Sportart.“
Seit ihrem Jobantritt im Juli hat Katharina mehrere Schnuppertage des BRSNW in ganz NRW miterlebt und dort nach bisher unentdeckten Talenten Ausschau gehalten. Gerade für Kinder sei dieses Konzept spannend, um die verschiedenen Para Sportarten kennenzulernen und um Begeisterung dafür zu wecken, „sie behutsam an den Leistungssport heranzuführen und zu zeigen, welche Vorteile es für einen selber haben kann,“ sagt Katharina. „Mir persönlich hat der Leistungssport in meiner Entwicklung sehr geholfen. Ich habe größeres Durchhaltevermögen erlangt und bin selbstbewusster und sozialkompetenter geworden.“
Sportarten als Event erleben
Den Eventcharakter dieser Schnuppertage möchte Katharina in Zukunft ausbauen und ihre Erfahrungen aus der Marketing-Welt nutzen, um mehr Nähe zu den Athletinnen und Athleten schaffen. Anstatt nur eine Sportart in den Fokus zu stellen, will sie Kindern die Möglichkeit geben, mehrere oder sogar alle sechs der Schwerpunktsportarten in NRW an einem Tag oder Wochenende auszuprobieren: Para Leichtathletik, Para Tischtennis, Para Schwimmen, Para Badminton, Para Rudern und Sitzvolleyball. Zusätzlich sollen sportmotorische Tests in Grundschulen auch für Kinder mit Behinderung genutzt werden, um auch sie frühestmöglich in die Strukturen des (Leistungs-) Sports integrieren zu können.
Mehr Quereinsteiger über Para Sprechstunden
Talentsichtung beschränke sich jedoch nicht nur auf die jüngsten Talente, erklärt Katharina. Sie unterstützt deshalb auch Quereinsteiger. Nach Unfällen sind für die meisten von ihnen die Kliniken der Ausgangspunkt. Vorreiter in Sachen Quereinstieg ist die Para Sprechstunde an der Duisburger BG Klinik. Dort beantwortet das Team vom BRSNW alle wichtigen Fragen zum (Wieder-) Einstieg in den Sport und knüpfen Kontakte zu möglichen Ansprechpartnern in Sportvereinen. Katharina stellt sich mehr solcher Angebote vor, nach Möglichkeit auch digital.
„Jeder, der sich in NRW für Behindertensport interessiert, soll wissen, dass der BRSNW helfen kann. Wir sind die richtige Anlaufstelle! Ich möchte das bestehende Netzwerk weiter ausbauen und besonders Vereine, die uns noch nicht kennen, für das Thema Behindertensport sensibilisieren, sie beraten und Verbindungen zu Athletinnen und Athleten schaffen.“