Starthilfe vom Ehrenamt - Interview mit BRSNW Vorsitzenden Reinhard Schneider

Die Zeiten sind derzeit nicht gerade rosig. Die noch immer nicht ausgestandene Corona-Pandemie und die aktuellen Flutkatastrophen haben gezeigt, wie verletzlich unser gesellschaftliches Zusammenleben ist. Das Gefühl von Sicherheit, das Gewohnheiten und bewährte Abläufe den Menschen im täglichen Leben geben, ist von jetzt auf gleich verschwunden. Für die betroffenen Menschen bedeutet das, dass sie sich in einer völlig veränderten Lebenswelt zurechtfinden müssen. Das (Zusammen-)Leben muss neu organisiert werden, viele sind auf Hilfe und Unterstützung angewiesen, Lösungen für Probleme müssen gefunden werden.

Nachdem die Coronapandemie den Alltag nahezu stillgelegt hat, kommt mit der Hochwasserkatastrophe in Teilen von NRW die nächste große Krise. Und Krisen bewältigt man am besten zusammen. Das Zusammenspiel von Strukturen wie Polizei, Feuerwehr oder Technisches Hilfswerk mit Tausenden freiwilligen Helfer*innen, die neben ihren Tätigkeiten in ihrer Freizeit für andere Menschen da sind und unsere Systeme am Laufen halten, haben großen Respekt und Dank verdient.
Ehrenamt ist ein tragender Pfeiler unserer Gesellschaft. Etwa in den o.g. Bereichen, aber auch im Sport.

Zu diesem Thema sprachen wir mit Reinhard Schneider, Vorsitzender des BRSNW e.V.

Der Vereinssport ist durch die Pandemie fast zum Erliegen gekommen. Kommt jetzt wieder Schwung in den Sport?

R.Schneider: Wir haben eine lange Durststrecke hinter uns und langsam nimmt der Sport wieder Fahrt auf. Das gilt sowohl für den Breiten- und Leistungssport in unseren Vereinen, aber auch für den Rehabilitationssport. Es ist aber noch zu früh zum Jubeln. Wir haben nicht nur sportliche Regeln zu beachten, sondern insbesondere auch die Hygieneregeln um neue Ansteckungen zu vermeiden.

Wo liegen da die besonderen Herausforderungen?

R.Schneider: Am Beispiel des Rehasports kann man das verdeutlichen. Wir arbeiten mit behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen, also Personen, die bereits mit Einschränken leben müssen. Dass hier teilweise eine gewisse Zurückhaltung vorhanden ist, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, liegt auf der Hand. Trotz Impfungen und niedrigen Inzidenzen schwingt die Angst vor Ansteckung immer noch mit. Insbesondere wenn die Sportstunden in geschlossenen Räumen stattfinden müssen.

Wie kann man den Menschen diese Angst nehmen?

R.Schneider: Das ist eine echte Herausforderung, der sich die Vereinsführungen, Trainer*innen und Übungsleiter*innen mit viel Engagement stellen. Neben einem vernünftigen Hygienekonzept gilt es eine Atmosphäre zu schaffen, die Sicherheit nicht nur vorgaukelt, sondern vermittelt. Dazu gehört die Auswahl der sportlichen Inhalte ebenso wie die Anwendung der aktuell geltenden Vorschriften, ggf. mit Test- und Nachweispflicht.

Das klingt nach viel Arbeit für die Vereine

R.Schneider: Das stimmt und ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei all unseren ehrenamtlich Tätigen bedanken, die auch während des Lockdowns die Vereinsangebote im "Standby" Modus gehalten haben, so dass wir nun wieder durchstarten können. Das waren und sind schwierige Zeiten, die eine große Herausforderung darstellen. Es sind ja nicht nur die Kontaktbeschränkungen und der Ausfall der Übungs- und Trainingseinheiten, die den Menschen zu schaffen machen. Für viele Übungsleiter*innen ist die Aufwandsentschädigung ein Beitrag zum Lebensunterhalt, Vereine und Gruppen mit ihren vielfältigen Sportangeboten sind auf Einnahmen angewiesen, denn fixe Kosten laufen weiter. Zwar gab es Hilfen in diesem Bereich, aber die Herausforderungen bleiben immens.
Wir unterstützen daher die Aktion "WIEDER DURCHSTARTEN", die der Landessportbund NRW ins Leben gerufen hat. Ziel ist es, den Neustart nach dem Stillstand zu bewerben und zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die Menschen wieder "aktiv dabei" sind. Möglich wird das nur, weil auch unsere Ehrenamtlichen, die Übungsleiter*innen und Trainer*innen ihre Zeit wieder in die Sportpraxis investieren.

Das klingt, als würden Sie im Ehrenamt einen Schlüssel für die Rückkehr zur Normalität sehen

R.Schneider: So etwas ähnliches ist es für mich wirklich. Das persönliche Engagement von Menschen für andere Menschen ist eine Grundlage für eine Gesellschaft, die Werte hat, die es zu bewahren gilt und die letztlich das Leben in dieser Gesellschaft lebenswert machen.
Die große Solidarität, die Spenden- und Hilfsbereitschaft, die zum Beispiel die Flutopfer gerade erfahren, ist da ein gutes Beispiel. Neben den professionellen Helfern sind tausende Freiwillige bereit mit anzupacken und die Betroffenen in ihren existentiellen Nöten zu unterstützen. Jeder so gut  er kann. Da gibt jede helfende Hand den Menschen eine kleine Starthilfe für die Rückkehr zur Normalität. Das ist noch ein weiter Weg, aber er wird zum Ziel führen. In diesem Zusammenhang begrüßen und unterstützen wir das Beratungs- und Hilfsangebot des Landessportbundes NRW, das sich an vom Hochwasser betroffene Vereine richtet. Auch die geschädigten Vereine werden viel ehrenamtliches Engagement benötigen, um wieder mit ihren Angeboten starten zu können.