Kolumne "Geistreich": Verschwendung

Hier erzählt unser (Un-)Ruheständler Andreas Geist über seine Eindrücke aus dem Leben eines Rentners.

Meinen diesjährigen Sommerurlaub habe ich dank doppelter Coronaimpfung und digitalem Zertifikat seit langer Zeit wieder einmal in Frankreich verbringen können, das ich als Reiseland sehr schätze. Die Landschaften sind herrlich und sehr abwechslungsreich. Normandie und Bretagne mit wilden Küsten, die Sandstrände in Aquitanien, die Provence mit ihren Lavendelfeldern, das Loire-Tal mit seinen Schlössern, die Ardèche, die Mittelmeerküste, Jura und Alpen - fantastisch! Verschwenderisch viele landschaftliche Highlights hat Frankreich abbekommen. Und die genannten sind auch nur ein Teil davon.
Aber das ist noch nicht alles, denn jede Region hat ihre lokalen Spezialitäten und Leckereien. Die Auslagen auf den Wochenmärkten und in den Supermärkten bersten von frischem Obst und Gemüse. Käse, Würste, Kuchen und Backwaren, Meeresfrüchte und das will alles probiert werden. Am besten mit einem der bekannt guten Weine und vielleicht auch einem der genauso berühmten Destillate...
Die Redewendung "Leben wie Gott in Frankreich" kommt nicht von ungefähr und wir in anderen westlichen Staaten haben es nicht wirklich schlechter.

Das Ganze hat aber auch eine Kehrseite. Ich gestehe, nie wirklich darüber nachgedacht zu haben, dass das schiere Überangebot gar nicht alles verkauft und verzehrt werden kann. Nicht nur in Frankreich, sondern in weiten Teilen der Welt werden riesige Mengen Nahrungsmittel vernichtet.
Als ich jetzt in einem großen französischen Supermarkt mit meiner Frau an der Kasse stand, entdeckte ich dahinter Plastiksäcke mit Baguette und anderen Backwaren. Prall gefüllt für einen Euro das Stück und dafür bestimmt, das heimische Federvieh oder vielleicht auch andere Nutztiere zu füttern. Die Idee fand ich gut, aber ob das dann auch so passiert oder die Waren doch noch in der Müllverbrennung landen, darüber kann man nur spekulieren. Tatsache ist, dass knapp eine Milliarde Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen werden, was rund ein Drittel aller produzierten Nahrungsmittel ausmacht. Dass in großen Teilen der Welt Menschen hungern und anderenorts das Essen verschwendet wird, ist nur ein Teil des Problems. Das andere sind die Umweltprobleme, die durch die Vernichtung verursacht werden. Zehn Prozent der Treibhausgase sollen auf das Konto der Lebensmittelvernichtung gehen. Ich hoffe, dass dabei schon berücksichtigt ist, was bei der Produktion der Nahrung anfällt, von den Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, bis zur Bewässerung und dem Roden von Waldflächen um Weideland zu gewinnen. Dass dann tonnenweise Obst und Gemüse vernichtet wird, um die Preise stabil und die Gewinne hoch zu halten, ist dann der Gipfel der Verschwendung. Da tippt man sich an die Stirn.
Die Welthungerhilfe hat ein Merkblatt veröffentlicht, das gute Hinweise enthält, was man gegen die Verschwendung tun kann. Ich habe für mich jedenfalls beschlossen, mehr darauf zu achten, dass nur gekauft wird, was auch verzehrt werden wird und das möglichst regional.

Da kommt es mir sehr gelegen, dass ich derzeit noch in Frankreich an der Atlantikküste bin und hier auf der Ile de Ré heute Markt ist. Da gibt es ein umfangreiches Angebot an Leckereien und der Fischhändler soll ein fantastisches Angebot haben. Da wollen wir gleich mal hin und eines ist ganz sicher: Nichts von den erstandenen Sachen wird verschwendet!

Bonne journée!

Andreas Geist