Kolumne "Geistreich": Spione!

Hier erzählt unser (Un-)Ruheständler Andreas Geist über seine Eindrücke aus dem Leben eines Rentners.

© BRSNW

„Hast Du etwas Zeit für mich, singe ich ein Lied für Dich…“!
Keine Angst, ich habe nicht vor das Lied von den 99 Luftballons, das Nena 1983 in die Hitparaden brachte für Sie zu singen, aufzunehmen und Sie damit zu quälen. Man muss wissen, was man anderen Menschen zumuten darf und was nicht. Aber an dieses Lied fühlte ich mich erinnert, als vor Kurzem chinesische Spionageballons über Amerika auftauchen und von amerikanischen Düsenjägern, wie in Nenas Lied, öffentlichkeitswirksam abgeschossen wurden. Vielleicht hätte es auch ein Pieks mir einer Nadel getan, aber das wäre nicht so spektakulär gewesen. Weshalb jedoch so ein Riesen-Hype um die Spionageballons gemacht wurde, verstehe ich nicht. Hat nicht jedes Land Geheimdienste und Spione im Einsatz um Informationen zu sammeln? Und Ballons zu Spionagezwecken haben die Amerikaner schon in den 50er und 60er Jahren zu tausenden über der UdSSR fliegen lassen. Alles Wetterballons! Ganz harmlos und kein Grund zur Aufregung. Ohnehin wissen doch alle (fast) alles von allen. Was die die zahllosen Spionagesatelliten nicht rausfinden, das erfahren die Geheimdienste ganz einfach am Telefon. Erinnern Sie sich an den Skandal, als bekannt wurde, dass die NSA das Handy von Angela Merkel abgehört hat? Sie war ja auch nicht die Einzige. Das Kanzleramt stand schon Jahre vorher auf der Beobachtungsliste unserer transatlantischen Freunde und wahrscheinlich nicht nur bei denen.

Wer nun glaubt, dass nur die zwielichtigen Herren mit Schlapphut, Trenchcoat und Sonnenbrille so etwas tun, oder Polizei und Staatsanwaltschaft auf richterliche Anweisung, der irrt gewaltig. Ihr Handy macht das auch. Dass wir Werbung für Dinge erhalten, nach denen wir im Internet einmal gesucht haben oder von Unternehmen, auf deren Internetseite wir einmal gewesen sind, ist ja ein alter Hut und normal. Aber dass gezielte Werbung auftaucht zu Dingen, über die man nur am Telefon gesprochen hat, das war mir neu. Mein Schwager hat mich darauf aufmerksam gemacht und da ich es erst nicht glauben wollte einmal recherchiert.
Mir standen die Haare zu Berge! Die Dinger können sogar mithören, wenn sie nur irgendwo ungenutzt rumliegen! Glauben Sie nicht? Dann tun Sie sich mal diese zwei PULS Reportagen des Bayrischen Rundfunks an. Das erste Video zeigt, dass Tonaufnahmen stattfinden und das zweite Video, dass auch die Kameras von Handy und Computer ferngesteuert werden können, ohne dass der Nutzer das mitbekommt. Dazu finden sich auch an anderer Stelle Informationen im Netz.
Ich jedenfalls werde mal kontrollieren, wo ich überall die Freigabe für Mikrofon- und Kameranutzung erteilt habe und ob das wirklich nötig ist. Sozusagen als erste Aktion zur Spionageabwehr!

Grundsätzlich kann man nicht vorsichtig genug sein! Klar, Virenscanner aktuell halten, keine unbekannten Anhänge öffnen, keine Links anklicken, wenn man nicht weiß was dahintersteckt und so wenig wie möglich von sich im Internet preisgeben. Ich gehe sogar noch weiter und rate derzeit von Ballonfahrten ab. Insbesondere von solchen, die das japanische Unternehmen Iwaya Giken in Tokio vorgestellt hat. In einer Kapsel mit großen Fenstern sollen Touristen von einem mit Helium gefüllten Ballon bis in 25 Kilometer Höhe gebracht werden und da in den Weltraum und auf die Erde gucken können. Abgesehen davon, dass mir 180 000 Dollar für den Spaß zu teuer sind, besteht ja die Möglichkeit, dass der Ballon etwas vom Weg abkommt und für einen Spionageballon gehalten wird. Zumal, wenn man seinen Fotoapparat mit dabei hätte.
„… Es gab ein großes Feuerwerk…“ (Nena).

Herzlich grüßt
Andreas Geist