Interview mit Johanna Schablowski nach ihrer Wahl zum Toptalent des Jahres 2022

Interview mit dem WestLotto-Toptalent des Jahres 2022, Johanna Schablowski.

Johanna Schablowski auf ihrem Boot "Mausi 2", Foto: © LSB NRW/Andrea Bowinkelmann

Johanna Schablowski ist stellvertretende Vorsitzende der KiJu im Behinderten- und Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen, doch sie ist auch leidenschaftliche Segelsportlerin. Im vergangenen August gewann die 23-jährige mit ihrer Team-Partnerin die Silbermedaille bei der Inklusions-WM in Rostock.

Jetzt wurde sie in einer Publikumsabstimmung zum Toptalent des Jahres 2022 gewählt. Mit dieser Aktion fördern der Landessportbund NRW und WestLotto jedes Jahr junge und talentierte Sportler*innen in NRW.

Johanna, herzlichen Glückwunsch! Hast du damit gerechnet, Toptalent des Jahres 2022 zu werden?

Nein, ich habe es allen Kandidat*innen gewünscht. Ich fand alle super sympathisch und es war eine richtig nette Community. Ich weiß, dass das unter Sportler*innen nicht immer so ist, gerade im Wettkampf. Aber hier war es einfach toll, und das zieht sich auch noch so durch, alle haben mir gratuliert und freuen sich für den Segelsport.

Und das geht mir auch so. Ich freue mich sehr für den Segelsport, natürlich auch für mich persönlich, aber gar nicht so in erster Linie. Es ist einfach toll, weil es dem inklusiven Segelsport zugutekommt, ihn nach vorne bringt und ihn präsenter macht.

Nicht alle Kandidat*innen waren Para Sportler*innen, hat der Sieg für dich deshalb auch nochmal eine andere Bedeutung?

Auf jeden Fall. Ich finde gerade Sport für Menschen ohne Behinderung ist super präsent. Jeder weiß, welche Sportarten es gibt und wo man sie ausüben kann. Aber ich denke, viele Menschen mit Behinderung finden schwer den Einstieg in den Sport, alleine, weil die Angebote weniger bekannt sind. Ich wünsche mir, dass durch diesen Erfolg die Angebote im Para Sport mehr Menschen erreichen und so auch mehr Menschen zu ihrer Sportart finden.

Wie kamst du denn zum Segeln?

Das Segeln brachte mein Papa mit in die Familie, ich war schon auf dem Segelboot als meine Mama noch mit mir schwanger war. Und mit 3 Wochen war ich dann das erste Mal richtig auf dem Boot. Ich habe dann viele Sportarten ausprobiert, aber konnte mich dem Segelsport nie richtig entziehen. Als wir dann das passende Boot gefunden hatten und das wie auf mich zugeschnitten war, war eigentlich alles klar.

Dein Boot „Mausi 2“ ist ein Inklusionsboot, was macht es so besonders?

Also erstmal ist es eine normale Jolle, die ist schön windschnittig und kann auch echt schnell werden. Das Schöne an Mausi, beziehungsweise an der SV14, also der Klasse, ist, dass sie zwei Sitze hintereinander hat. Dadurch kann das Boot von jedem gesegelt werden. Auch wenn jemand nicht segeln kann, kann er trotzdem mitmachen. Die Sitze sind über einen Knopf am Lenker mechanisch schwenkbar. Und dadurch muss sich niemand umsetzen. So ist eine Nutzung für Menschen, egal mit welcher Beeinträchtigung, nutzbar.

Nachdem das paralympische Segeln 2016 aus dem Programm genommen wurde, hat das Internationale Paralympische Komitee jetzt entschieden, dass es auch in Los Angeles 2028 nicht wieder dabei sein wird. Was sagst du dazu, die Paralympics waren doch auch bestimmt ein Ziel von dir?

Nein, nicht direkt. Also da war eigentlich gar kein konkretes Ziel. Schon bei den Weltmeisterschaften im August 2022 war das Ziel mit dem wir angereist sind, sozusagen nur, den inklusiven Segelsport nach vorne zu bringen.

Aber ich finde es schade, dass Segeln nicht wieder paralympisch wird. Ich glaube mit meinen Erfolgen im letzten Jahr und den Zielen dieses Jahr, wäre ich gerne hingefahren. Aber mir ist schon bewusst, dass eben nicht jede Sportart paralympisch sein kann, dazu gibt es immer wieder Trendsportarten, die zum Zeitpunkt einfach populärer sind als Segeln.

Trotzdem muss das ja nicht heißen, dass Segeln irgendwann nicht doch wieder paralympisch wird. Und auch so gibt es viele Möglichkeiten für Wettkämpfe und die Ausübung. Das ist super schön, und die Community im inklusiven Segeln ist einfach der Wahnsinn.

Was wünschst du dir denn für den inklusiven Segelsport?

Leider besteht oft noch das Klischee, der Segelsport sei elitär, aber das stimmt nicht. Ich wünsche mir, dass der Sport mehr in der Breite ankommt und einfach alle, egal ob mit oder ohne Behinderung, alleine oder zusammen, ob mit Assistenzhund oder ohne, zu diesem Sport finden kann. Leider bieten auch noch nicht alle Segelvereine Inklusionssport an, beziehungsweise viele kommunizieren einfach nicht, dass es das schon bei ihnen gibt.

Hast du konkrete Ziele für die nächste Zeit, vielleicht auch persönlich?

Auch wenn ich ohne konkrete Ziele gestartet bin, sind da jetzt doch ein paar entstanden, sowohl persönlich als auch sportlich, gemeinsam mit dem Yachtclub Möhnesee und der Heinz-Kettler-Stiftung, die mich im Sport unterstützen. In erster Linie möchte ich mein Studium zu Ende machen, da bin ich jetzt im 3. Semester. Und dann auf jeden Fall auch die Teilnahme an der nächsten Weltmeisterschaft. Ich habe da keine bestimmten Ziele, aber einfach teilnehmen und Zeit mit der Community verbringen, ist schon klasse.

Dann gibt es noch ein paar neue Sachen, wie die Kieler Woche oder den Helgacup, eine Regatta in Hamburg für Frauen. Ich möchte auch gerne noch andere Bootsklassen ausprobieren.

Ein großer Wunsch von mir ist es, die Trainerlizenz für das Segeln zu machen. Ich habe bereits den C- und B-Schein, und das wäre die Erweiterung. Das Erlernen der Gebärdensprache steht auch noch auf der Liste.

Das klingt auf jeden Fall nach allem, außer Langeweile. Dann wünschen wir dir dabei viel Erfolg und bedanken uns für das Interview.