Kolumne "Geistreich": Vom Glück derzeit ein Rentner zu sein

Hier erzählt unser (Un-)Ruheständler Andreas Geist über seine Eindrücke aus dem Leben eines Rentners.

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Vom Glück derzeit ein Rentner zu sein

Eigentlich wollte ich ja vermeiden, an dieser Stelle überhaupt das Thema Corona anzusprechen. Doch das gelingt nicht, zu sehr beeinflusst dieses Virus unser tägliches Leben. Auch das von uns Rentnern, wobei ich aber zugeben muss, dass ich mit den paar Einschränkungen gut leben kann. Dass Schulen und Kindergärten, ganze Unternehmen, Geschäfte und Gastronomiebetriebe geschlossen wurden,  Kurzarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit drohten, hat dem arbeitenden Teil der Bevölkerung richtig Stress gebracht. Für uns Rentner ist es eher harmlos gelaufen bisher. Sogar eine kleine Rentenerhöhung hat es im Sommer gegeben, was will man mehr.

Natürlich wünsche ich mir auch mehr persönliche Kontakte, die derzeit dem "social distancing" zum Opfer fallen. Aber dafür gibt es ja Videoschalten (sagt man jetzt so, früher waren das Konferenzen oder einfach ein Videoanruf über Skype). Da kann man sich virenfrei mit Familie oder Freunden treffen, wenn telefonieren nicht genügt. In meinen eigenen vier Wänden habe ich meine Ruhe, es nerven keine unausgelasteten Kinder, die sich draußen nicht austoben können, weil auch die Spiel- und Sportplätze gesperrt sind. In den Sommerferien, wo viele keinen Urlaub machen konnten, weil es das Reisebudget vielleicht wegen Kurzarbeit nicht hergab oder Reisewarnungen, Flugausfälle und geschlossene Hotels das Verreisen unmöglich gemacht haben, wollte ich gar keine Reise unternehmen und bin gerne daheim geblieben.

Mir hat mein Balkon, der in diesem Jahr besonders üppig begrünt ist, genügt. Erstmalig habe ich in diesem Sommer sogar Pflücksalat, Rucola, Tomaten und natürlich alle Sorten an Kräutern angepflanzt. Das große Glück dabei ist, dass das Wetter mitgespielt hat und man sich auch viel draußen aufhalten konnte.  Also im wahrsten Sinne des Wortes: alles im grünen Bereich. Als Rentner habe ich persönlich es trotz Corona wirklich gut und kann nicht meckern.

Dennoch muss man auf der Hut sein. Corona ruiniert die Gesundheit, auch wenn man kaum raus geht und nur handverlesene Menschen trifft. Dazu brauchen Sie sich nicht einmal mit dem Virus infizieren. Haben Sie in der Corona-Krise und während des lockdown auch zugenommen? Ich drei Kilo, obwohl ich regelmäßig 3 bis 4 mal die Woche morgens eine Runde um die hiesige Südsee jogge. Das genügt aber leider nicht um die tägliche Kalorienbilanz ausgeglichen zu halten. Man hat einfach zu viel Zeit, die man zuhause verbringt. Und wenn ich dann zufällig am Kühlschrank vorbei komme, gucke ich auch mal rein. Droht irgendwo das Mindesthaltbarkeitsdatum in Kürze überschritten zu werden? Dann besser gleich aufessen, ehe es schlecht wird. Manchmal hat man auch so einen kleinen Appetit auf irgendwas. Das Dumme daran: Man findet was! Ein Stückchen Ziegenkäse, ein Löffelchen Fruchtjoghurt, da ist ja auch noch ein Rest von dem luftgetrockneten italienischen Schinken... Fatal für die Figur! Auch die Angebotsprospekte der Lebensmittelmärkte, die samstags im Briefkasten landen, lese ich jetzt intensiver. Und schon kommt die Fantasie in Gang und ich stelle mir vor, was ich denn alles Leckeres mit den angepriesenen Sachen zaubern könnte. Zeit am Herd zu stehen hab ich ja. Die benötigten Kräuter wachsen auf dem Balkon und wenn das Gericht (wie meistens) viel zu üppig bemessen ist, kann man die Reste ja einfrieren. Wenn dann irgendwann der kleine unbestimmte Appetit kommt...
Sie kennen das Sprichwort "Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen". Das stimmt nur bedingt. Klar ist ein gutes Essen und ein leckerer Wein oder ein Bier gut für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit, also gut für die Seele. Den Leib hält es aber nicht zusammen, der geht auseinander.

Herzlich grüßt

Andreas Geist