Kolumne "Geistreich": Schrödingers Katze

Hier erzählt unser (Un-)Ruheständler Andreas Geist über seine Eindrücke aus dem Leben eines Rentners.

Schrödingers Katze

Um es vorweg zu sagen: Ich kenne Herrn Schrödinger nicht. Und auch seine Katze ist mir noch nie über den Weg gelaufen. Das ist auch gut so, denn ich bin sicher, dass ich mit dem Tier nicht warm werden würde. Nicht, dass ich ein ausgesprochener Katzenhasser bin, auch wenn mir Hunde lieber sind. Ich würde mich sogar als ganz tierlieb bezeichnen. Aber mit Schrödingers Katze will ich nichts zu tun haben, denn sie ist ein Zombie! Also gleichzeitig tot und lebendig!

Von meinen Interessen und auch von meiner schulischen Ausbildung her bin ich den Naturwissenschaften eher zugetan als geisteswissenschaftlichen Dingen oder gar der Esoterik. So finde ich Forschungsergebnisse aus Biologie, Chemie und Physik viel interessanter als beispielsweise das Werk umstrittener österreichischer Literatur-Nobelpreisträger. Aber das nur nebenbei.
Vor einigen Monaten bereits habe ich gelesen, dass der Internetkonzern Google einen Quantencomputer gebaut hat. Da ich noch mit einem recht langsamen Windows-Laptop arbeite, hat mich interessiert, ob diese neue Technik künftig vielleicht etwas für einen Rentner wie mich wäre. Man will ja auch im Alter mit der Zeit gehen. Folglich habe ich versucht mich in die Grundlagen der Quantenmechanik einzulesen, um die Funktionsweise eines solchen Gerätes zu verstehen. Nach einigen gelesenen Seiten im Netz (zum Beispiel hier) habe ich frustriert aufgegeben, denn was ich las, habe ich in keinster Weise verstanden.
Offenbar beruht die Theorie darauf, dass Moleküle an zwei Orten gleichzeitig sein können, was für den noch durchschnittlich aufnahmefähigen Rentner unverständlich bleibt. Das hatte der Herr Schrödinger wohl vorausgesehen und daher diese Zombiekatze erfunden. Die ist gleichzeitig tot und lebendig und erst wenn ein Forscher genauer hinguckt, ist sie ganz tot oder lebendig und will sich womöglich kraulen lassen.
Warum Herr Schrödinger, der übrigens ebenfalls Österreicher ist, ausgerechnet eine Katze und keinen Hund oder Goldfisch für sein Modell ausgewählt hat, weiß ich nicht. Ich vermute aber, dass es daran liegt, dass Katzen bekanntlich sieben Leben haben! Bevor da eine Quantentheorie widerlegt oder bestätigt ist, und die Katze endgültig tot ist, vergeht schon eine lange Zeit, in der man weiterforschen und arbeiten kann. Das ist natürlich nur meine laienhafte Theorie.

Nun gut: Ich gebe zu, ich habe es nicht kapiert und die jungen Leute, die heute an sowas forschen, belächeln wahrscheinlich mein physikalisches Basiswissen. Sicherlich werden bald neue Ergebnisse vorliegen und dann kann ich mir vorstellen, dass das mit den zwei Orten gleichzeitig eine Menge Probleme lösen könnte.
In der Pflege zum Beispiel. Da wäre der Personalnotstand wie weggeblasen, wenn jeder Pfleger und jede Pflegerin gleichzeitig zwei Patienten betreuen kann! Oder beim Einkaufen. Meine Euros sind in der Supermarktkasse, aber gleichzeitig in meinem Portemonnaie. Oder wenn ich der Polizei mit der Quantentheorie widerlegen könnte, dass ich das bin auf dem Blitzerfoto, weil ich doch gleichzeitig ganz woanders war.

Bei Gelegenheit mache ich noch einmal einen Versuch das alles zu verstehen. Zu verlockend ist der Gedanke, entspannt und ohne Trubel an einem ruhigen Ort zu sein und wenn man möchte, gleichzeitig mal kurz beim Rosenmontagszug vorbei zu schauen. Aber eins ist sicher: Das mach ich nicht im Katzenkostüm!

Mit alaaf und helau grüßt

Ihr
Andreas Geist