Kolumne "Geistreich": In die Röhre geguckt

Hier erzählt unser (Un-)Ruheständler Andreas Geist über seine Eindrücke aus dem Leben eines Rentners.

 

© Andreas Geist

Wer jetzt einen Bericht über die letzte Darmspiegelung erwartet oder einen Bericht über verpasstes Schnäppchen, liegt völlig daneben. Aber ich muss etwas ausholen:

Habe ich eigentlich schon einmal erwähnt, dass ich früher Ruderer war? Schon mit neun oder zehn Jahren habe ich damit in Köln beim Ruderklub Germania angefangen. Später dann auch in der Schülerruderriege unseres Gymnasiums, später auch im Sportstudium und an der Universität Köln. Mit Robert Ciuraj von der Blindenschule in Düren haben wir Anfang der 80er Jahre schon in Köln Fühlingen blinden und sehbehinderten Kindern das Rudern beigebracht. Von daher bin ich dem Sport, der ja auch seit 2008 paralympisch ist, noch sehr verbunden.

Als ich nun las, dass der BRSNW mit dem Deutschen Ruderverband und dem RTHC einen Schnuppertag Pararudern veranstaltet, habe ich das zum Anlass genommen, mal wieder beim Deutschen Ruderverband (DRV) auf der Homepage nach etwas Interessantem zu stöbern.

Eigentlich kenne ich die Adresse http://www.rudern.de auswendig, aber aus irgendeinem Grund habe ich in die Suchmaschine ohne zu überlegen einfach "DRV" eingegeben.
Die fand in weniger als einer halben Sekunde knapp 20 Millionen Treffer, was meine Neugier weckte.

DRV - da hätte ich eigentlich als Rentner sofort dran denken müssen, ist natürlich die Deutsche Rentenversicherung! Noch nie gehört oder gelesen habe ich vom DRV, dem Deutschen Reiseverband e.V.. Auch der Deutsche Rettungshundeverein e.V. benutzt die Abkürzung DRV, genauso wie die Deutsche Richtervereinigung e.V.

Von der Existenz des  Deutschen Raiffeisenverbandes, des Deutschen Rates für Vogelschutz und des Deutsche Romanistenverbandes hatte ich bisher keine Ahnung. Dagegen hatte ich den Deutschen Rugby Verband bereits einmal wahrgenommen.

Aber ich wollte ja zum Wassersport und da bin ich dann auch gelandet! Allerdings nicht gleich bei den Ruderern, sondern zuerst beim Deutschen Rennrutsch Verband.

Die Internetseite habe ich natürlich geöffnet und konnte eine Bildungslücke schließen, von der ich nicht wusste, dass ich sie habe und erhielt Einblick, was in den Röhren im Lande so passiert.

Rennrutscher stürzen sich wagemutig eine Wasserrutsche hinunter. Solche Röhren, die wir aus dem Spaßbad kennen. In möglichst kurzer Zeit muss diese bewältigt werden, wobei eine fest installierte digitale Zeitanzeige natürlich Voraussetzung ist.

Mein erster Gedanke war, dass gerade jetzt im Hochsommer gerne und viel trainiert wird in dieser Sportart. Doch dann stieß ich auf einen Bericht über einen Trainingstag mit dem Deutschen Meister im Rennrutschen. Da lernte ich, dass die Rutschen im Sommer zu schnell trocken und damit stumpf und langsam werden. Es ist also eher ein Wintersport und eigentlich das Gleiche, was Rennrodler oder Bobfahrer machen, nur in Badehose.

Noch ist die Rennrutscherbewegung in Deutschland recht klein, aber sie scheint sich zu entwickeln.

Bereits seit ungefähr 20 Jahren wird in Deutschland Rennrutschen betrieben. Seit dem Jahr 2015 kümmert sich der Deutsche Rennrutsch Verband wieder aktiv um die Organisation solcher Wettkämpfe. Ziel ist es dabei möglichst viele Bäder zu involvieren und einen strukturierten Zeitplan mit sämtlichen Wettkampfterminen zu koordinieren

Bei den Wettkämpfen werden insgesamt drei Rutschläufe absolviert, wobei die langsamste Zeit gestrichen wird. Die verbleibenden zwei Zeiten werden aufsummiert. Sieger ist der oder die RutscherIin mit der geringsten Gesamtzeit.

Bei allem Ehrgeiz steht das Fairplay natürlich an erster Stelle. Daher ist es verboten mit reibungsvermindernden Mittel zu arbeiten. Auch nackt rutschen ist im Regelwerk untersagt.

Im oben verlinkten Text las ich, dass Sven Schubert, einer der besten deutschen Rennrutscher früher ebenfalls Ruderer war. Nun komme ich nicht an seine 100 kg heran, aber wenn die Szene weiter wächst gibt es vielleicht irgendwann auch Gewichtsklassen. Fairplay wird ja großgeschrieben.

Dann hätte ich vielleicht eine Chance vorne mit zu rutschen. Zuvor müsste ich aber erst ein paarmal in eine solche Röhre gucken, ob das wirklich so spaßig ist, wie es sich liest.

Wettbewerbe für Menschen mit Behinderung gibt es, meines Wissens derzeit nicht. Aber wenn von den künftigen Rudererinnen und Ruderern nach dem Talenttag unseres Verbandes jemand die Sportart wechseln möchte... Vielleicht  sollten wir über einen Rennrutschtalenttag einmal nachdenken!

Guten Rutsch wünscht (etwas zeitig im Jahr)

Andreas Geist