Kolumne "Geistreich": Ein Hoch auf die Forschung

Hier erzählt unser (Un-)Ruheständler Andreas Geist über seine Eindrücke aus dem Leben eines Rentners.

© BRSNW

Ein Hoch auf die Forschung!


Die wissenschaftliche Forschung und Fragen, wann diese Impfstoffe gegen das Coronvirus und wirksame Medikamente gegen die davon verursachte Erkrankung COVID 19 finden wird, beschäftigen derzeit die Öffentlichkeit. Jede kleine Meldung  dazu erregt unsere Aufmerksamkeit und weckt die Hoffnung, dass das schnell geht, damit wir zu unserem gewohnten Leben zurückkehren können. Auch für mich als älterem Menschen, der zur Risikogruppe gehört, ist das natürlich wichtig und ich verfolge das Geschehen aufmerksam. Etwa was der Virologe Christian Drosten oder sein Bonner Kollege Hendrik Streeck dazu zu sagen haben.
In Gegenwart dieses ernsten, alles dominierenden Themas finden andere Forschungsgebiete und -ergebnisse kaum Beachtung.
Fairerweise sollte man bemerken: Das war aber auch schon vor Corona so.

Oder kannten Sie bisher die ig-Nobelpreise? Diese werden kurz vor den „richtigen“ Nobelpreisen an der Harvard-Universität in den USA vergeben. Jener Eliteuniversität, die Absolventen wie Robert und John F. Kennedy, Franklin D. Roosevelt, Barak und Michelle Obama, Bill Gates, Mark Zuckerberg und viele andere kluge Köpfe hervor gebracht hat und über jeden Verdacht erhaben ist, man könnte sich dort mit lächerlichen Themen beschäftigen. Deshalb war ich erstaunt, als ich las, dass dort die ig-Nobelpreise vergeben werden. Der Name ist ein Wortspiel aus dem englischen Wort 'ignoble' (etwa: unwürdig) und 'Nobelpreis'.


Die Veranstaltung, bei der die Preise oft von echten Nobelpreisträgern überreicht werden, ist teilweise eine Spaßveranstaltung, bei der auch schon mal Papierflieger aus dem Publikum kommen, aber auch eine mit ernstem Hintergrund. Die Forscher werden auch nicht bloß gestellt und der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Preise sind begehrt, auch wenn die Reisekosten zur Verleihung selbst getragen werden müssen und das Preisgeld eine wertlose 10-Billionen-Dollarnote aus Zimbabwe ist.
Wenn Sie wissen wollen, welche abstrusen und skurrilen Arbeiten da so zu Ehren kommen, klicken Sie sich mal durch die Galerien auf der Seite des Bayrischen Rundfunks. Die ausgezeichneten Arbeiten der letzten Jahre werden in aller Kürze vorgestellt. Es lohnt sich!

So wurden 2019 Forscher aus Italien und den Niederlanden geehrt, die herausgefunden hatten, dass Pizza gegen eine ganze Reihe von Krankheiten hilft. Allerdings nur, wenn sie in Italien gebacken und verzehrt wird. Oder wussten Sie, dass es hilft sich links zu kratzen, wenn es einen rechts juckt? Man muss nur dabei in einen Spiegel schauen. Das hat tatsächlich einen therapeutischen Nutzen, etwa bei Menschen mit Ekzemen, die durch das Kratzen nicht zusätzlich gereizt werden. Auch Achterbahn fahren kann Therapie sein. Ein Patient hatte nach der Fahrt in einer Achterbahn Nierensteine ausgeschieden, was der Anlass für eine ausführliche wissenschaftliche Untersuchung war, die 2018 ausgezeichnet wurde.

Übrigens sollte Volkswagen 2016 den Preis für Chemie erhalten. Für die Forschung, wie man Abgaswerte auf Prüfständen reduziert. Es hat aber niemand aus Wolfsburg den Preis entgegen nehmen wollen! Wie humorlos.
Für mich war es schön zu lesen, dass auch Forschung wahrgenommen und ausgezeichnet wird, die sich nicht zwangsläufig mit todernsten Themen beschäftigt. Kein erhobener Zeigefinger, keine bedrohlichen Szenarien bei Nichtbeachtung der Forschungsergebnisse und trotzdem (mehr oder weniger) nützlich.

Ach so: Auch Jared Kushner, der Schwiegersohn von Amerikas Präsidenten Donald Trump hat auch in Harvard studiert. Ob er seinem Schwiegervater den Tipp Desinfektionsmittel gegen Corona zu spritzen gegeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber Amerika ist ja das Land der unbegrenzten Möglichkeiten...

Herzlich grüßt
Andreas Geist